Sammlung

Flügelaltar: Muttergottes zwischen Hl. Rochus und Hl. Ritter

Künstler/in
Jakob Schick
Entstehung
Kempten, Schwaben
Datierung
1515
Material
Schrein: Nadelholz; Altarflügel: Malerei auf Nadelholz; Skulpturen: Lindenholz, ausgehöhlt (Rückseite), gefasst
Maße
H. (im geöffneten Zustand) 170,0 cm, B. (im geöffneten Zustand) 240,0 cm; Skulptur (Maria): H. 100,0 cm; Skulptur (Hl. Rochus): H. 98,0 cm; Skulptur (Hl. Ritter): H. 99,0 cm
Standort
Bayerisches Nationalmuseum
Inventarnummer
MA 1954
Bezug
Zugang

Schrein: Kleeblattförmiger oberer Abschluß, ausgefüllt mit Sprengwerk und Baldachinen; in der Rückwand vergoldete, brokatierte Nischen; die Mittelnische ist erhöht, den Figurensockeln sind Blattranken vorgeblendet. In der Schreinmitte eine stehende, bekrönte Muttergottes, die in der Linken das unbekleidete Kind mit einem Apfel hält, unter ihren Füßen ein nach unten gewendetes Mondgesicht. Zur Rechten Mariens ein hl. Ritter (Sebastian?), den Blick zur Altarmitte gerichtet, in der Rechten ein (verlorenes) Attribut, in der Linken einen Schild, der den Boden berührt. Bekleidet ist er mit einem gegürteten, kurzärmeligen Rock, darunter geschlitzte Puffärmel, und modischem Hut mit Pelzbesatz und Kinnriemen; auf der Brust eine breite Ordenskette mit (ursprünglich, jetzt verlorenem) Anhänger. Das Wappen auf dem Schild mit drei Rosen, geteilt in oben eine auf weißem, unten zwei auf schwarzem Grund. Zu Mariens linker Seite der hl. Rochus, nach rechts gewendet, in der Linken den (verlorenen) Pilger Pilgerstab, mit der Rechten den Oberschenkel mit der Wunde entblößend, die ein kleiner Engel mit der Salbe aus einem Gefäß behandelt.
Pilgerstab, mit der Rechten den Oberschenkel mit der Wunde entblößend, die ein kleiner Engel mit der Salbe aus einem Gefäß behandelt. Rochus ist bekleidet mit kurzem Leibrock, am Gürtel eine Tasche, breitkrempigem Hut und weitem Mantel, Strümpfen und Schuhen. Auf der Schreinunterkante die Inschrift, in gotischer Minuskel: "Diss werck haut/gemacht Jakob schick/maler zu kempten."
Flügel: Die Flügelrahmen wiederholen die Kleeblattform des Schreins. Innenseiten: Figuren gemalt vor goldenem brokatiertem Fransentuch, überwölbt von geschnitzter Ast- und Laubwerkranke.
Linker Flügel: Hl. Nicetius, dargestellt als Bischof mit Pedum und Buch, auf der unteren Rahmenleiste Inschrift: "S.Nicecius, ain bischof zu trier gewesen". Nicht geklärt ist die Rolle des hl. Nicetius (gest. 565 oder 585) an dieser Stelle, da sich seine Verehrung weitgehend auf seine Grabstätte in Trier beschränkt.
Rechter Flügel: Hl. Sebastian. Er steht, mit einem Lendentuch bekleidet, von Pfeilen durchbohrt, an einen Baum gefesselt. Auf der Rahmenleiste die Inschrift: "Sanctus sebastionus". Flügelaußenseiten: Linker Flügel: Ölberg. Christus kniet, nach rechts gewendet, vor einem Felsen, darauf der Kelch mit einem darüberschwebenden Engel, der ein Spruchband hält "du sollst erlese 151.."; im Vordergrund die drei eingeschlafenen Jünger.
Rechter Flügel: Kreuztragung. Christus mit dem Kreuz wird von einem Knecht gezogen, am Kreuzfuß Simon von Cyrene, unter einem Torbogen die Frauen und Volk. Auf einem Stein im Vordergrund und über dem Torbogen die Jahreszahl 1515. Rückseite: Aus drei Tafeln zusammengesetzt, die mittlere ausgezogen. Darstellung des Jüngsten Gerichts. Der Auferstandene sitzt auf dem Regenbogen, von einem Mantel umhüllt. Lilien und Schwerter zu seiten seines nimbierten Hauptes. Unter ihm ein posaunierender Engel, der zum Gericht ruft. Etwas niedriger als Christus Maria und Johannes der Täufer auf den Seitentafeln; sie sitzen auf je einer Wolkenbank. Darunter, über alle drei Tafeln, kommen die Auferstehenden aus ihren Gräbern. Links werden die Guten von einem Engel empfangen, rechts zerrt ein Teufel einen nackten Mann. Dieses Gemälde weist kompositorische und motivische Übernahmen vom Jüngsten Gericht Rogiers van der Weydens im Hôtel Dieu in Beaune auf, allerdings in Größe und farblichem Anspruch reduziert. Vergleiche dazu die Gerichtsdarstellung von Schick auf der Rückwand des 1519 datierten Hochaltars von Maria Rain (Michael Petzet,
die Gerichtsdarstellung von Schick auf der Rückwand des 1519 datierten Hochaltars von Maria Rain (Michael Petzet, Stadt und Landkreis Kempten, Bayerische Kunstdenkmale. Kurzinventar V, München 1959, S. 115).
Die Schnitzarbeiten sind vermutlich nicht vom Maler Jakob Schick ausgeführt worden, der den Altar signiert hat. Wie es zu dieser Zeit üblich war, hat er den Auftrag für das Schnitzwerk wohl weitervergeben.
Die um 1460 entstandene Schreinfigur der Maria gilt als ein Werk des sog. Meisters des Fischener Vesperbildes. Ob sie bereits von Anfang an in diesen Schrein integriert war, ist ungewiß. Gelegentlich wurden ältere Bildwerke in neue Altäre übernommen, vgl. etwa die Schreinfiguren um 1435 in Jörg Lederers Altar in der Blasiuskapelle in Kaufbeuren. Nach Theodor Müller könnte die Madonna allerdings auch erst nach der Neufassung des Schreins im 18. Jh. eingefügt worden sein. In der Mitte hätte dann ein dritter, anderer Heiliger gestanden. Mit Vorbehalt identifizierte er die Figur des hl. Ritters wegen der drei Rosen, die sich auf das Wappen von Ottobeuren beziehen könnten, mit dem hl. Alexander, dem Ottobeurener Klosterpatron.
Der Altar stammt vielleicht aus der Friedhofskapelle in Stötten am Auerberg, von wo er 1828 an die Kirche von Oberwittelsbach abgegeben wurde. Entsprechend den Patronen der Stöttener Kapelle wären dann als Schreinfiguren die hll. Kastulus, Sebastian und Rochus möglich. 1855/56 wurde der Altar dem Augsburger Maximiliansmuseum übergeben. 1868 ist er erstmals im Bayerischen Nationalmuseum, München, erwähnt.

BV006244375
Zum Objekt: Mus.-Kat. Hugo Graf, Das Mittelalter. Gothische Alterthümer der Baukunst und Bildnerei (Kataloge des Bayerischen Nationalmuseums; Bd. 6), München 1896, Kat.-Nr. 1321

BV004394586
Zum Objekt: Hans Rott, Quellen und Forschungen zur südwestdeutschen und schweizerischen Kunstgeschichte im XV. und XVI. Jh.. Alt-Schwaben und die Reichsstädte Bd. II, Stuttgart 1934, S. XXXIV, 39, Abb. 30

BV006292756
Zum Objekt: Mus.-Kat. Theodor Müller, Die Bildwerke in Holz, Ton und Stein von der Mitte des XV. bis gegen Mitte des XVI. Jahrhunderts (Kataloge des Bayerischen Nationalmuseums; Bd. 13,2), München 1959, Kat.-Nr. 248

BV005242208
Zum Objekt: Alfred Weitnauer, Allgäuer Chronik, Kempten 1962, S. 216

BV003003408
Zum Objekt: Albrecht Miller, Allgäuer Bildschnitzer der Spätgotik, Kempten 1969, S. 2f., S. 70 (mit Abb.), Kat.-Nr. 16

BV019683582
Zum Objekt: Alfred Schädler, Die "Alpenländische Galerie" in Kempten, ein künftiges Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums, in: Allgäuer Geschichtsfreund, Blätter für Heimatforschung und Heimatpflege Heft 83/84, 1984, S. 60

BV004629886
Zum Objekt: Mus.-Kat. Hans Peter Hilger, Alpenländische Galerie Kempten. Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums, München, BNM (Hrsg.), München 1991, S. 117-120 (mit Abb.), Kat.-Nr. 96

BV044532188
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Leuchtendes Mittelalter - von Heiligen, Handwerkern und Altären. Museen der Stadt Kempten (Hrsg.), Lindenberg im Allgäu 2017, S. 96, Abb. S. 97

Systematik

Altar

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