Sammlung

Tafelgemälde: Einhornjagd im Hortus conclusus

Künstler/in
Ulmer Schule
Entstehung
Ulm (?)
Datierung
um 1470
Material
Öl auf Eichenholz
Maße
Gemälde: H. 142,5 cm, B. 93 cm; Rahmen: H. 151,3 cm, B. 101,9 cm, T. 3,5 cm
Standort
Bayerisches Nationalmuseum (nicht ausgestellt)
Inventarnummer
MA 2298
Bezug
Zugang

In einem ummauerten Garten sitzt rechts die Jungfrau und ergreift das Horn des Einhornes, das ihr die drei Hunde entgegenjagen. Über den Hunden die Inschriften spes (Hoffnung), caritas (Liebe) und fides (Glaube). Links im Vordergrund der Erzengel Gabriel, ins Horn stoßend, in der Hand eine Lanze. In der Gartenmauer zwei Türme, im Garten ein Kasten mit Gesetzestafeln und ein Sockel mit einem zierlichen gotischen Turm. Im Hintergrund Landschaft. Das Thema der Einhornjagd im Hortus conclusus vereint profane Allegorie mit christlicher Symbolik. Bereits der Physiologus berichtet vom Einhorn als einem wilden Tier, dessen übernatürliche Kraft nur im Schoße einer Jungfrau gebändigt werden könne; schon er deutet es als Symbol Christi. Seit Beginn des 15. Jh. wird die an sich profane Darstellung der Einhornjagd durch Hinzufügung von Mariensymbolen zur Allegorie der Verkündigung an Maria und der Menschwerdung Christi umgedeutet. Der Einhornjäger wird zum Erzengel, die Jagdhunde in den Rang theologischer Tugenden erhoben, und die Landschaft mit Zeichen der Jungfräulichkeit
und die Landschaft mit Zeichen der Jungfräuligkeit Mariens besetzt: dem von einer Mauer umgebenen Garten ("Hortus conclusus", Hld 4, 12), einem versiegelten Quell(Hld 4, 12; hier wohl der Sockel mit dem gotischen Turmaufbau), der Bundeslade (Ex 25, 10-22; hier der Kasten mit den Gesetzestafeln), dem Turm Davids (Hld4,4) und dem verschlossenen Tor (Ez 44, 1-3). Auf der Tafel sind zahlreiche in Kohlestift ausgeführte Graffiti zu erkennen, in denen mehrfach das Datum 1563 auftaucht. Dieses Datum verweist auf den Zeitpunkt, zu dem das Altargemälde dem kirchlichen Gebrauch entzogen wurde, denn 1563 verbot das Konzil von Trient die Darstellung ausufernder christlicher Allegorien wie der Einhornjagd.
Die Altarinnenflügel zeigen Szenen aus der Geschichte Mariens (Mariengeburt und Einhornjagd anstelle der Verkündigung ), während die Außenseiten die Passion Christi zum Thema haben. Die kühle Farbigkeit, Figurengruppierungen und ihre landschaftliche Einbindung sind Umsetzungen altniederländischer Motive und haben ihre Voraussetzungen wohl in der Malerei von Dirk Bouts.

BV002943573
Zum Objekt: Mus.-Kat. Karl Voll, Heinz Braune, Hans Buchheit, Katalog der Gemälde des Bayerischen Nationalmuseums (Kataloge des Bayerischen Nationalmuseums; Bd. 8), München 1908, Kat.-Nr. 270

BV001306720
Zum Objekt: Bildführer, Farbe und Form im späten Mittelalter. Bildwerke und Tafelmalerei aus dem Bayerischen Nationalmuseum für die Alpenländische Galerie in Kempten (Bayerisches Nationalmuseum Bildführer; 14), Bayerisches Nationalmuseum (Hrsg.), München 1989, Kat.-Nr. 3

BV004629886
Zum Objekt: Mus.-Kat. Hans Peter Hilger, Alpenländische Galerie Kempten. Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums, München, BNM (Hrsg.), München 1991, S. 35-38 (mit Abb.), Kat.-Nr. 23

BV046277210
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum, München, 28.11.2019-19.04.2020: Treue Freunde. Hunde und Menschen, Frank Matthias Kammel (Hrsg.), Berlin u. München 2019, S. 176-177, Abb. 6.7

Systematik

Malerei - Gemälde

Weitere Werke