Sammlung

Anbetung des Kindes (Relief)

Künstler/in
Entstehung
Niederlande, Südliche Niederlande
Datierung
um 1460
Material
Relief: Walnussbaumholz, geschnitzt, eingesteckte Elemente
Maße
Relief: H. 87 cm, B. 54 cm, T. 16,5 cm
Standort
Bayerisches Nationalmuseum (Sammlung Bollert)
Inventarnummer
2004/186
Bezug
Zugang
Geschenk 2004, Eigentümergemeinschaft Bollert, Aus der Sammlung Gerhart Bollert

Die Darstellung wird durch Felskulissen in vier Ebenen geteilt. In der untersten Zone beten die durch ihre Größe herausgehobenen Gestalten von Maria und Joseph gemeinsam mit zwei Hirten und drei Engeln das Kind an. Gemäß den von der heiligen Birgitta nach ihrem Besuch in der Geburtsgrotte in Bethlehem im Jahr 1372 aufgezeichneten Visionen liegt das Kind ohne wärmende Kleider auf dem nackten Boden. Die beiden sehr viel kleineren Gestalten auf dem Geländestreifen darüber sind wohl als die beiden Hebammen zu deuten; nach links schließen sich Stufen an, die zum Stall herabführen, deren weiterer Verlauf aber nicht gezeigt wird. Nach der im späten Mittelalter weit verbreiteten 'Legenda aurea' hatte die eine Hebamme, Zebel, anerkannt, daß Maria auch nach der Geburt noch Jungfrau war, die andere, Salome, dies jedoch in Zweifel gestellt. Daraufhin erdorrte die Hand der Salome. Erst durch die Berührung des Kindes wurde die Frau geheilt./Weniger, Dr. Matthias
Eine Ebene höher schließen sich, eine Spur größer, drei Hirten an. Die seitlichen wachen bei ihren Schafen, der mittlere spielt am Fuß eines fragmentarischen Bildstocks auf einer Art Schalmei./Weniger, Dr. Matthias
Wieder darüber schließen sich die Züge der Heiligen Drei Könige mit ihrem Gefolge an. Gemäß der für das ganze Relief charakteristischen Bedeutungshierarchie sind sie noch einmal größer dargestellt. Felsen trennen die drei Züge, die die unterschiedlichen Richtungen andeuten, aus denen die Weisen angereist waren. In den Niederlanden hat man das Thema verschiedentlich dargestellt; in München ist es in der Tafel mit den Sieben Freuden Mariens von Hans Memling in der Alten Pinakothek breit ausgesponnen. Rechts und links sind vor den Zügen der Könige noch versatzstückhaft zwei Städte angedeutet./Weniger, Dr. Matthias
Das Relief weist eine beachtliche Tiefe auf und arbeitet mit bemerkenswerten Überschneidungen. Hinter den in den Stall geeilten Hirten ist der Reliefgrund aufgebrochen./Weniger, Dr. Matthias
Eine in jeder Hinsicht überzeugende Parallele für den Stil des Reliefs wurde bislang nicht gefunden. Es wird schon seit langem nach Brabant lokalisiert. Dort entstand um die Mitte des 15. Jahrhunderts eine ganze Reihe von Altären, welche die Geburt Christi im Zentrum haben. Die Grundanlage der Komposition ist dabei wiederholt verwandt, verschiedene Motive unseres Reliefs kehren wieder. Bei keinem dieser Altäre aber sind die Hintergründe derart figuren- und anekdotenreich gestaltet. Zugleich werden die Felsen bei jenen Altären auf andere Weise wiedergegeben, und auch die sehr eigentümliche Zeichnung der menschlichen Gesichter bleibt dort ohne direkte Analogie. Gleiches gilt für die Faltengebung, bei der man auf dem Relief der Bollert-Sammlung einige Unsicherheiten beobachtet, ebenso wie bei der Anlage des Engels rechts vorn. Entfernt verwandte Physiognomien findet man vereinzelt in direkt an die Niederlande angrenzenden Kunstlandschaften wie der Pikardie und dem Mittelrhein (Lorcher Altar). Nach dem ganzen Charakter und nicht zuletzt auch aufgrund der hohen künstlerischen Qualität des Reliefs bleibt es aber nach wie vor am wahrscheinlichsten, daß es, wenn schon vielleicht nicht in Brabant, so doch im weiteren Sinne in den südlichen Niederlanden entstanden ist./Weniger, Dr. Matthias
Katalog BNM NF, Bd. 2, Sammlung Bollert, 2005/Weniger, Dr. Matthias

BV013331744
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Kulturforum, Berlin, 30. Juni 2000 - 01. Oktober 2000: Skulpturen der Gotik und Renaissance. Die ehemalige Sammlung des Justizrats Dr. Gerhart Bollert, Régine Bonnefoit, Hartmut Krohm, Staatliche Museen zu Berlin (Hrsg.), Berlin 2000, S. 136, Abb. S. 137, Kat.-Nr. 54

BV021267150
Zum Objekt: Mus.-Kat. Matthias Weniger, Jens Ludwig Burk, Die Sammlung Bollert. Bildwerke aus Gotik und Renaissance (Kataloge des Bayerischen Nationalmuseums; NF, Bd. 2), Renate Eikelmann (Hrsg.), München 2005, Kat.-Nr. 55 (mit Abb.)

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Zum Objekt: Bart Fransen, Rogier van der Weyden and stone sculpture in Brussels, Distinguished Contributions to the Study of the Arts in the Burgundian Netherlands (Hrsg.), Turnhout 2013, S. 129-144, Abb. 133

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Zum Objekt: Ausst.-Kat. Liebieghaus, Skulpturensammlung, Frankfurt am Main, 12.10.2016-29.01.2017: Heilige Nacht. Die Weihnachtsgeschichte und ihre Bilderwelt, Stefan Roller (Hrsg.), München 2016, S. 136, 254 (Kat.), Abb. 70, S. 137, Kat.-Nr. 40

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Zum Objekt: Baudouin Duvieusart, La vierge de Chantelet (Vieux-Genappe), Baisy-Thy, 2021, (Documents / Cercle d'Histoire et d'Archéologie du Pays de Genappe ; 12)

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