Sammlung

Faltfächer

Künstler/in
Entstehung
Italien
Datierung
1785/1790
Material
Stäbe: Elfenbein, gesägt, geschnitzt; Doppeltes Blatt: Schwanenhaut, bemalt
Maße
L. 27,5 cm
Standort
Bayerisches Nationalmuseum (nicht ausgestellt)
Inventarnummer
10/289
Bezug
Zugang

Auf den mit Goldfolie hinterlegten Deckstäben ein Putto, eine Vase und ein Medaillon mit Gitterwerk zwischen Ranken: auf den übrigen Stäben in der Mitte in einem Medaillon mit Gittergrund die Gruppe einer Mutter mit ihrem Töchterchen und dem flötespielenden Sohn. Dichtes, fein ausgesägtes ornamentales Rankenwerk umgibt die Mittelkartusche, dazwischen tummeln sich unter Festons mit Gittergrund Vögel, Amoretten und kleine Mädchen. Das Motiv der Mutter mit Kindern im Medaillon war im ausgehenden 18. Jahrhundert besonders beliebt (vgl. Kat. 52). Das Blatt ist in strenger dreifacher Unterteilung im sogenannten pompejanischen Stil bemalt: in der queroval gerahmten Mittelszene Iphigenie auf Tauris, die Orest und Pylades erkennt, als sie fast unbekleidet von einem Mann in phrygischer Mütze zur Opferung geführt werden. Hinter Iphigenie sind zwei Dienerinnen mit Hausrat beschäftigt. In den seitlichen trapezförmigen Bildfeldern Ruinenlanschaften, in den Kartuschen zwischen den Bildfeldern Genien, darüber Grotesken. Breite Groteskenfriese rahmen die Bildfelder am oberen Rand. Die Rückseite ist undekoriert. Die Darstellung "Orest und Pylades vor Iphigenie" geht auf eine Wandmalerei aus Herculaneum zurück, die 1757-62 als Kupferstich herauskam ("Le Pitture antiche d'Ercolano"). Wohl nach diesem Stich entstand ein Joh. Wilhelm Tischbein zugeschriebenes Aquarell (Frankfurt a.M., Freies Deutsches Hochstift), mit dem die Darstellung des Fächers in allen Details fast völlig übereinstimmt. (Auf dem fächer sind die Figuren lediglich ein wenig ender zusammengerückt und das Manteltuch, das auf der Vorlage nur über die Brust des Gefangenen gelegt ist, ist auf dem Fächer um einiges tiefer gerutscht, wohl weil ein nackter Mann für eine Fächermalerei als nicht geeignet erschien.) Auf dem 1786 begonnenen Ölgemälde "Goethe in der Campagna" hatte Tischbein für das hinter Goethe am Boden liegende antike Relief mit der Darstellung von Orest und Pylades vor Iphigenie zunächst - wie aus einer erhaltenen Aquarellkopie hervorgeht - eine Darstellung nach der Wandmalerei aus Herculaneum vorgesehen, dann jedoch eine andere Darstellung desselben Themas nach Benjamin West gewählt, die aber ebenfalls auf ein antikes Vorbild zurückgeht. Goethe arbeitete während seines Italienaufenthaltes an "Iphigenie" und hatte Tischbein damit bekannt gemacht (vgl. Christian Lenz, Tischbein, Goethe in der Campagna. Frankfurt a.M. 1979, S. 42, Abb. 33, 34). Die Ruinenlandschaften in den trapezförmigen Seitenfeldern erinnern an die römische Campagna.

BV006919609
Zum Objekt: Emma von Sichart, Praktische Kostümkunde, Bd. 2: Von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Jahre 1870, München 1926, S. 430, Abb. 475

Systematik

Kleidung [Bekleidung, Kostüm] - Accessoire - Fächer

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