Sammlung

Allegorische Figuren in einer Landschaft mit Burg (Tapisserie)

Künstler/in
Entstehung
Nürnberg
Datierung
Anfang 15. Jh.
Material
Wolle, Leinen, gewirkt
Maße
H. 67 cm, B. 257 cm
Standort
Bayerisches Nationalmuseum (nicht ausgestellt)
Inventarnummer
L 81/66
Bezug
Zugang
Unbefristete Leihannahme 1981

Die Wirkerei in Form eines langen, schmalen Streifens zeigt eine hügelige Wiesenlandschaft vor dunklem Hintergrund. Darauf erscheint links eine Jungfrau in rosafarbenem Kleid mit Haarkranz als Wappenhalterin. Das ungewöhnlich große Nürnberger Allianzwappen mit aufwendigen Helmzieren ist jenes des Patriziergeschlechts Starck (heraldisch rechts) und der Kaufmannsfamilie Tracht (heraldisch links). Sie beziehen sich auf das Ehepaar Hanns Starck (gest. 1427) und Margaretha geb. Tracht (gest. 1414). An die Wappen schließen sich rechts szenische Darstellungen an. Vor einer mit vornehmen Personen bevölkerten Burganlage jagt ein Hund einen Hasen. Daneben reiten drei modisch gekleidete junge Leute auf Ziegenböcken: Ein mit einem Knüppel bewehrter Mann im roten Rock sitz wohl rittlings auf dem Tier; eine Frau im grünen Kleid mit Schaufel und ein weiterer Mann in rosafarbenem Gewand mit Heugabel haben jeweils ein geschwungenes Brustschild vor sich geschnallt. Über ihren Köpfen fliegt ein grün-gelb-gefiederter Papagei. Anschließend ist zwischen zerklüfteten Felsen oben eine in einem Wald gelegene kleine Burg, unten ein fränkisches Dorf mit strohgedeckten Häusern zu sehen. Dazwischen sieht ein Hase aus einem Felsloch hervor. Am rechten Bildrand reitet eine Frau wieder auf einem Ziegenbock und führt zwei Wilde Männer im zottigen Fellkleid an einem Strick hinter sich her. Auch über dieser Szene erschienen zwei Papageien. Der Sinn der beiden Spruchbänder über den drei Reiterfiguren und den Wildleuten ist aufgrund vieler Fehlstellen nicht mehr zu entschlüsseln. Die Quelle für diese Darstellung ist wohl in der zeitgenössischen epischen Dichtung zu suchen; sie konnte jedoch noch nicht genauer bestimmt werden. Die Wirkerei diente vermutlich als Wandbehang oder Rücklaken im Haus der Familie Starck. Sie stellt eine der nur selten erhaltenen Bildwirkereien aus Nürnberg mit profanen Themen dar.

BV003003615
Zum Objekt: Hermann Schmitz, Bildteppiche. Geschichte der Gobelinwirkerei, Berlin 1919, S. 82–83, Abb. 36

BV004004345
Zum Objekt: Luitpold Herzog in Bayern, Die fränkische Bildwirkerei. Tafelband Bd. 1, München 1925, S. 31

BV003795751
Zum Objekt: Betty Kurth, Die deutschen Bildteppiche des Mittelalters. Textband Bd. 1, Wien 1926, S. 170–171

BV014941741
Zum Objekt: Heinrich Göbel, Wandteppiche. III. Teil: Die Germanischen und Slawischen Länder, Band I: Deutschland einschließlich Schweiz und Elsaß (Mittelalter), Süddeutschland (16. bis 18. Jahrhundert), Berlin 1933, S. 143–144

BV047705980
Zum Objekt: Tanja Kohwagner-Nikolai, Textile Inschriften und Inschriften auf Textilien. Ein Leit-Faden, Hrsg. vom Ausschuss "Deutsche Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit", Leitung: Bernd Päffgen (Forschungsmaterialien und -beiträge der BAdW), München 2022, Abb. 15

Systematik

Teppich - Tapisserie

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