Sammlung

Schüssel mit gravierten Figuren (Hansa-Schüssel)

Künstler/in
Entstehung
Süddeutschland
Datierung
2. Viertel 12. Jh.
Material
Messing, geschlagen, graviert
Maße
H. (Wandung) 11 cm, Dm. (ca.) (Wandung) 2 mm, G. 988,3 g; Schüssel: Dm. 35 cm
Standort
Bayerisches Nationalmuseum (Saal 1)
Inventarnummer
L 95/121
Bezug
Zugang
Unbefristete Leihannahme 1995

Die tiefe Schüssel aus einer Zinn- Zink- Kupferlegierung hat einen eingetieften Boden und einen oben umgeschlagenen rund 1 cm breiten Rand. Nur die Innenseite ist mit Gravierungen dekoriert. Der Schalenboden zeigt ein vierteiliges Ornament aus Zirkelschlägen. Über einem breiten umlaufenden Zierband im unteren Teil der Wandung erheben sich neun Arkaden. Kurze, dicke sich nach oben stark verjüngende Säulen mit Basen und Blattkapitellen tragen weite Bögen aus doppelten Zierleisten. Aus den Zwickeln sprießen fadendünne Stengel mit je drei Blütenknospen. Unter den Arkaden sitzen neun weibliche ungemein schlanke Figuren mit Nimbus und redend erhobener rechter Hand, offenbar die neun Musen. In der gleichfalls erhobenen, vom Mantel stärker verdeckten linken Hand halten sie abwechselnd ein Schriftband oder ein kugelförmiges Gefäß mit einem kleinen Knauf darüber. Ein solches Gefäß hat auf einer Hansa-Schüssel in Münster i.W. eine sitzende Allegorie in der Hand, die dort als Superbia bezeichnet ist. Über einem Untergewand mit auffallend weitem, über dem rechten Arm zurückfallendem Ärmel tragen die Figuren einen Mantel, der ihren Unterkörper bis auf die Schuhe verdeckt; dabei wechseln symmetrische Faltenkompositionen mit diagonal über die Knie gelegtem Gewand im üblichen Schema mittelalterlicher Sitzfiguren. Die linke Hälfte des Oberkörpers ist vom Mantel verdeckt, der auch über den Kopf gezogen ist. Throne oder Stühle, auf denen die Gestalten sitzen sollten, sind nicht wiedergegeben. Erläuternde Schriftzüge, die die Allegorien benennen könnten, gibt es nicht./Kahsnitz, Prof. Dr. Rainer, Nachtrag von Diskette, Marcia Pape, 2015.12.02
Nähere Übereinstimmung zu der in Bayern gefundenen Schüssel bietet innerhalb der vor allem aus Norddeutschland, im Baltikum und in Skandinavien bekannten Schüsseln die Gruppe der Tugend- und Lasterschalen. Die größten Ähnlichkeiten lassen sich bei der Figurenbildung wie der Graviertechnik auf einer offenbar nach Spanien verschlagenen Schüssel in San Juan de la Peña, Huesca beobachten (Josefa Weitzmann-Fiedler: Romanische gravierte Bronzeschalen. Berlin 1981, Kat. Nr. 34 mit Abb.). Doch sind für die Figuren auch Vergleiche mit Regensburger Federzeichnungen des 12. Jahrhunderts erhellend, so daß eine Entstehung in Süddeutschland nicht ausgeschlossen werden kann./Kahsnitz, Prof. Dr. Rainer, Nachtrag von Diskette, Marcia Pape, 2015.12.02

BV001021662
Zum Vergleich: Josepha Weitzmann-Fiedler, Romanische gravierte Bronzeschalen, Berlin 1981

BV011029012
Zum Objekt: Dorit Reimann, Eine Hansaschale aus dem Hebelsee bei Reisensburg, in: Das archäologische Jahr in Bayern, 1994, 1995, S. 154-156

BV002596995
Zum Objekt: Jahresbericht Bayerisches Nationalmuseum München 1995, Reinhold Baumstark (Hrsg.), München 1996, S. 18, Abb. S. 19

BV041085332
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Bayerische Landesausstellung, Kunsthalle Schweinfurt, 09. Mai 2013 - 13. Oktober 2013: Main und Meer (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur, Bd. 62), Haus der Bayerischen Geschichte (Hrsg.), Augsburg 2013, S. 137 (mit Abb.)

Systematik

Gefäß - Schale - Schüssel

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