Hausaltärchen mit Kreuzigung Christi
Im Sommer dieses Jahres widmet sich eine Ausstellung im Amsterdamer Rijksmuseum sogenannte Mikroschnitzereien – kleinen bis winzigsten Werken, die oft nur mit Hilfe von Vergrößerungsgläsern geschaffen werden konnten. Parallel hierzu stellt das Bayerische Nationalmuseum ein Hausaltärchen vor, das zu fragil war, um den Transport in die Niederlande anzutreten. Es besteht eigentlich aus zwei Kunstwerken, die erst nachträglich miteinander verbunden wurden:
Aus einem "Volkreichen Kalvarienberg", bei dem auf 25 cm Höhe nicht weniger als 22 Figuren zusammengezwängt sind: Christus und seine Angehörigen, die Soldaten, der Gute Hauptmann und selbst noch der blinde Longinus, der wieder sehend wird, nachdem das Blut aus der Seitenwunde Christi seine Augen benetzt hat. Eine hauchdünne hölzerne Fahne, die mit geschnitzten Bändern an eine Lanze gehängt ist, hat kaum den Durchmesser eines Streichholzes. Selbst auf die detailreiche Schilderung der Stadt Jerusalem im Fond wird nicht verzichtet; die Figürchen sind gerade einmal 2 cm hoch. Diese Arbeit wurde auf einem Sockel des 19. Jahrhunderts vor eine reich geschnitzte Schauwand gesetzt, die ursprünglich für ein Marienbild errichtet worden war.
Wie das Werk ins Museum kam, ist nicht bekannt, doch heißt es im Museumsführer von 1868, es stamme aus Ulm. Dazu passen die Wappen der Familien von Knöringen, von Paumgarten, von Freyberg und von Stadion, die, vor der Wand gehängt, alle einen Bezug zu der schwäbischen Metropole hatten.
Kreuzigung, Niederlande oder Niederrhein, um 1520/30
Fond mit Blendarchitektur, Ulm, um 1530
Holz (meist Laubholz), ungefasst
Erworben vor 1868
Inv.-Nr. MA 1955
Ausgestellt in Saal 9
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