Franken, um 1460
Leinen, Wolle
73,5 x 149,0 cm
Inv.-Nr. T 1690
Erworben vor 1910
Saal 6
Die Fabel vom wilden Einhorn, das nur im Schoß einer Jungfrau gefangen werden kann, gehörte im Mittelalter zum Motivschatz der Minnedichtung; in Wirkteppichen zu profanem Gebrauch fanden Jagden auf das scheue Tier deshalb häufig Darstellung. Die Jungfrau mit dem Einhorn konnte in diesen Bildern sowohl die tugendhafte, treue Liebe als auch die Weibermacht, die das wilde Fabelwesen bezwingt, symbolisieren. Außerhalb der Befestigung einer Stadt, in einer bewaldeten Landschaft, stellt ein so genannter wilder Mann dem Einhorn nach. Er verkörpert die naturhafte, ungebändigte Leidenschaft, die ihren Preis zu erringen trachtet. In den kleinen Figuren unterhalb der Szene, einem Narren mit seinem Dudelsack, einem eseltreibenden Bauern und einem Jäger, der einen Hirsch verfolgt, sind weitere Anspielungen auf die vielfältigen Bedeutungen des Themas zu lesen. Ein zweiter Teil dieses Wandbehangs, eine Szene an einem Brunnen darstellend, hat sich gleichfalls im Besitz des Bayerischen Nationalmuseums erhalten.